Im Fokus: Strafrecht und Bußgeldsachen

Strafprozessrecht

Das Strafprozessrecht ist das Verfahrensrecht – und damit die Grundlage – für den Strafprozess. Es ist wie das materielle Strafrecht ein Teil des öffentlichen Rechts. Der Prozess dient der Gewinnung einer richterlichen Entscheidung über Schuld und ggf. Strafe hinsichtlich einer vorgeworfenen Tat. Dabei soll das Verfahrensrecht eine Ordnungsfunktion haben die das Rechtsstaatsprinzip wahrt und menschliches Irren möglichst in Schranken hält.  Dazu gehört, dass das Strafverfahrensrecht prozessuale Rechte wie z.B. das Zeugnisverweigerungsrecht, Beschlagnahmeverbote oder Beweisverwertungsverfahren kennt. Es kennt darüber hinaus den gesetzlichen (d.h. im Voraus bestimmbarer/zuständiger) und unabhängigen Richter, der die gewährleisteten Grundrechte beachten muss. Der Angeklagte hat das Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren. Zum Inhalt hat der Prozess den geltend gemachten Tatvorwurf. Nebenzweck des Prozesses soll aber auch die Rehabilitation des Verletzten oder des unschuldig Angeklagten sein. Jedem Betroffenen soll die Gelegenheit gegeben werden sich zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen („rechtliches Gehör“, Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz). Ebenso hat er aber auch nicht die Verpflichtung sich selbst anzuklagen oder gegen sich Zeugnis ablegen zu müssen (nemo tenetur se ipsum accusare, se ipsum procedere – Grundsatz). Anders als z.B. im amerikanischen Strafprozess, wo der Richter sich von der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft die relevanten Beweise vorlegen lässt, gilt im deutschen Strafprozessrecht der Grundsatz dass die Staatsanwaltschaft und das Gericht zur Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichtet sind. Kommen Gericht und Staatsanwaltschaft dieser Pflicht nicht nach, ist es die Aufgabe des Strafverteidigers entsprechende Anträge zu stellen und das Gericht damit zu zwingen, aus Sicht des Angeklagten wichtige Beweise zu erheben und in seine Würdigung mit einzubeziehen.

Der Strafprozess läuft nach bestimmten Grundsätzen ab

Das Legalitätsprinzip

Die deutschen Strafverfolgungsbehörden haben demnach eine Verpflichtung ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wenn sie Kenntnis von einer Straftat erlangen (Verfolgungszwang). Darüber hinaus auch Anklage zu erheben, wenn die Voraussetzungen dazu bestehen (Anklagezwang). Die Strafverfolgung obliegt grundsätzlich dem Staat und nicht dem einzelnen Bürger. Die Staatsanwaltschaft hat demnach ein Anklagemonopol. Ausnahmen bestehen für die gesondert geregelten Privatklageverfahren. Anklagegrundsatz (Akkusationsprinzip). Nur auf Anklage kann es zu einer gerichtlichen Untersuchung kommen. Anklageorgan und Urteilsorgan sind strikt zu trennen. Auch hier hat der Strafverteidiger eine wichtige Überwachungsfunktion.

Ermittlungsgrundsatz

Die Ermittlung des wahren Sachverhalts ist demnach das zentrale Anliegen des Strafprozesses. Die Amtsaufklärungspflicht begründet einen unverzichtbaren Anspruch darauf, dass z.B. die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und alle erlaubten Beweismittel erstreckt wird, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. In der mündlichen Verhandlung vor Gericht gelten zusätzlich der Öffentlichkeitsgrundsatz und der Mündlichkeitsgrundsatz. Der Strafprozess lässt sich grob in das Erkenntnisverfahren und das Vollstreckungsverfahren gliedern.

Erkenntnisverfahren

Das Erkenntnisverfahren lässt sich selbst in das Ermittlungsverfahren (Ermittlung des „hinreichenden“ Tatverdachts und Anklageerhebung), das Zwischenverfahren (gerichtl. Überprüfung des „hinreichenden Tatverdachts“, u.U. Ermittlungsergänzungen, Eröffnungsbeschluss zum Hauptverfahren) und das Hauptverfahren vor Gericht (Wahrheitsermittlung, Freispruch oder Verurteilung) unterscheiden.

Vollstreckungsverfahren

Mit der rechtskräftigen Verurteilung beginnt das Vollstreckungsverfahren. Es gehören dazu alle Maßnahmen und Anordnungen, die auf Vollzug, aber auch auf Abänderung und befristete oder endgültige Aufhebung einer strafgerichtlichen Entscheidung gerichtet sind. Dies können z.B. Freiheitsstrafe oder Geldstrafen aber auch Entziehung der Fahrerlaubnis, Fahrverbot, Berufsverbot oder Verlust der Amtsfähigkeit sein.

Strafverfahren Rechte

Das Strafverfahrensrecht regelt darüber hinaus, wann die Beteiligten als Subjekte (auch der Beschuldigte) des Verfahrens das Recht oder die Pflicht haben, sich in das Verfahren einzuschalten, und welche Möglichkeiten ihnen für die eigene Prozessgestaltung zustehen.

Dies beinhaltet das Recht des Beschuldigten/Angeklagten sich gegen strafrechtliche Vorwürfe zu verteidigen. Es soll verfahrensrechtliche „Waffengleichheit“ zwischen dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft gewahrt werden.

Das wohl wichtigste Recht des Beschuldigten besteht deshalb darin, sich durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu dürfen (vgl. § 137 StPO), denn zur Herstellung dieser Waffengleichheit ist der Beschuldigte in eigener Person regelmäßig nicht fähig.

Der Verteidiger ist verpflichtet, alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte geltend zu machen, welche zugunsten des Beschuldigten sprechen. Gerade die fachliche Kompetenz, vor allem im materiellen Strafrecht und dem Strafprozessrecht aber auch die Erfahrung mit polizeilicher Taktik oder kriminalistischen Methoden, gewährleistet eine effektive Durchführung der Verteidigung. Diese Kompetenz setzt bestimmte rechtliche, strategische und kommunikative Fähigkeiten voraus, genauso wie Verständnis und Wissen über Kriminaltechnik und DNA(-Analyse-Verfahren). Zur entsprechenden Kompetenz des Strafverteidigers gehört u.a. das Stellen sachdienlicher Anträge an das Gericht oder die Abgabe entlastender Stellungnahmen.

Schon vor einem möglichen Verfahren nach einer polizeilichen Ladung, kann ein Verteidiger in einem ersten Mandatsgespräch eine erste rechtliche Einschätzung in der Angelegenheit geben und etwaige Hilfestellungen geben, sowie eine vorläufige Strategie vorgeben. Gelegentlich ist auch die erforderliche Distanz zu dem Fall hilfreich. Bspw. klingen kritische Fragen vom Beschuldigten an Zeugen evtl. anmaßend wenn es um die Auskunft persönlicher Dinge geht. Regelmäßig kennt der Beschuldigte auch einfach nicht den feinen und wichtigen Unterschied zwischen „law in action“ und „law in books“. Diesbezüglich steht für den Verteidiger vor allem das Erwirken informeller Entscheidungen oder strafprozessualer Beweis(-Verwertungs-)Verbote im Vordergrund. Die Ausübung zahlreicher Befugnisse gibt das Gesetz zwar Verteidiger und Beschuldigten, jedoch stehen andere Befugnisse nur dem Verteidiger zu.
Aufgaben und Verteidigerwerkzeuge sind u.a.:

  • Spezifische Verteidigerrechte: z.B. Akteneinsicht, Kreuzverhör
  • Aufklärung und Beratung über die materielle und formelle Rechtslage (z.B. Gesetzesauslegung, Straferwartung)
  • Vertretung des Beschuldigten
  • Stellungnahmen für den Beschuldigten
  • Wahrnehmung bestimmter Verfahrensrechte, die auch dem Beschuldigten zustehen können (Beweisantragsrecht)
  • Einreichen von Anträgen, Rügen, Widersprüchen, Rechtsbehelfen (z.B. Rechtsmittel der Berufung o. Revision)
  • Möglichkeit der Durchzuführung eigener Ermittlungen
  • strafverfahrensrechtliche Absprachen („Deals“)

In bestimmten Fällen, ist die Mitwirkung eines Verteidigers zwingende Voraussetzung, weshalb dem Beschuldigten ggf. ein notwendiger Verteidiger (Pflichtverteidiger) zur Seite zu stellen ist, §§ 140 ff. StPO.

Weitere Rechtsquellen des Strafprozessrechts sind das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), das Verfassungsrecht, die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), das Jugendstrafgesetz (JGG) und das Strafgesetzbuch (StGB).

Wahrung von Opferrechten

Als erfahrener Strafverteidiger kann Rechtsanwalt Wowra die Verteidigungsstrategie des Täters früh erkennen. Als Opferanwalt, Nebenklägervertreter oder Zeugenbeistand kann er daher an der Seite der Staatsanwaltschaft effektiv auch auf die Wahrung und Geltendmachung von Opferrechten hinwirken. Strafverteidigung und die Tätigkeit als Opferanwalt in unterschiedlichen Verfahren schließt sich nicht aus. Im Gegenteil: die Erfahrung und Denkweise als Strafverteidiger kommt dem Opfer zugute. Anwalt sein, heißt parteilich sein und stets die Interessen des Mandanten zu wahren, egal ob er Täter oder Opfer ist.

Weitere Informationen finden Sie hier:
Opferfibel (PDF, 434k)

zum Seitenanfang